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Neue Wege in der biologischen Engerlingsbekämpfung demonstriert

14. April 2023

Der Maikäferengerling wird immer mehr zum gefürchteten Schädling. Durch die höheren Temperaturen in den letzten Jahren kommt er in immer höheren Lagen vor. Im Kanton Uri heisst das, dass Maikäferengerlinge vermehrt in steilen Bergflächen vorkommen.

Der Maikäfer hat einen Dreijahreszyklus. Alle drei Jahre hat er ein Flugjahr, das letzte Flugjahr war 2021 und das nächste folgt somit 2024. Die Maikäfer legen im Flugjahr ihre Eier an sonnenexponierten Standorten ab. Ein Jahr später sieht man den Schaden am besten, den die Engerlinge als Larven des Maikäfers, anrichten. Man spricht von einem Hauptschadenjahr. Zum üblichen Flugjahr gibt es vermehrt generationenüberschneidende Flugjahre, was zu vermehrten Hauptschadenjahren führt. In der obersten Bodenschicht frisst der Engerling die Wurzeln von wichtigen Futtergräsern. Als Folge sterben Pflanzen ab und die Grasnarbe wird aufgelöst. Das hat verheerende Auswirkungen, wie Landwirt Stefan Gisler erklärt: «Die Wurzeln halten den Boden zusammen. Ohne intakte Grasnarbe sind die steilen Hänge kaum mehr befahr- oder beweidbar. Zudem werden die guten Futtergräser geschwächt oder fallen sogar ganz aus dem Wiesenbestand.» Der Minderertrag wirkt sich direkt auf das Einkommen der Bauernfamilie aus. Die Folgen sind ein Tierabbau oder ein Futterzukauf. Zudem müssen die Wiesenbestände neu angesät werden.

Kulturlandschaft und bäuerliche Strukturen erhalten

Für Regierungsrat Urban Camenzind ist es ein grosses Anliegen, dass die Landwirte bei der Engerlingsbekämpfung unterstützt werden. «Durch die fehlende Grasnarbe könnten die Hänge ins Rutschen kommen und somit wichtige Verkehrsinfrastrukturen wie Strassen oder Bahnlinien bedrohen. Auch für Häuser und Ställe könnten grössere Hangrutsche hohe Sachschäden zur Folge haben. Es ist wichtig, dass unsere Kulturlandschaft erhalten bleibt und dass unsere bäuerlichen Strukturen auch eine Zukunft haben», so Camenzind. Der Kanton organisiert seit Jahren die Pilzgerste mit den Pilzsporen und übernimmt auch die Kosten der Pilzgerste. Die Kosten für das Ausbringen trägt der Landwirt. Die Pilzgerste mit den Pilzsporen wird in befallene Flächen ausgebracht und verpilzt die Engerlinge im Boden. Der sogenannte Beauveria Pilz reduziert die Engerlinge auf biologische Art und Weise. Die Wirkung hält über 10 Jahre lang an.

Innovation im steilen Gelände

Die steilen Hänge stellen eine zusätzliche Herausforderung dar. Da die bisher verwendete Pilzgerste nur mit dem Traktor ausgebracht werden kann, musste eine neue, innovative Bekämpfungsmethode erforscht und erprobt werden. Die Lösung ist eine Flüssigkeit, die Beauveria Pilzsporen enthält und mit einem Motormäher über Stachelwalzen in den Boden gespritzt wird. Erste Versuche mit einem Prototyp zeigten vor vier Jahren grosses Potenzial. Das Pilzmaterial wurde damals von Christian Schweizer von der Forschungsanstalt Agroscope selbst hergestellt. Nur dank dieser Innovation sind wir heute so weit. Die Wirkung des Pilzes war zwar sehr positiv, aber die Maschine war nicht für einen grossflächigen Feldeinsatz ausgelegt. 2022 wurden mit einem erweiterten Prototypen 20 Hektaren im Schächental behandelt. Die Maschine stellte im Einsatz in den Steillagen aber ein zu grosses Unfallrisiko für die Bediener dar. Auf 2023 wurde die Maschine noch einmal umfassend weiterentwickelt. Die neue Maschine wurde mit der modernsten Technologie ausgestattet. Der Motormäher kann über eine Fernbedienung gesteuert werden. Zudem wird die befahrene Parzelle über ein GIS-System digital erfasst. Die treibende Kraft hinter der Neuentwicklung ist Lohnunternehmer Wisi Zgraggen aus Erstfeld. Sein umfassendes Wissen und seine Erfahrung flossen in die Entwicklung dieses Motormähers ein. Hergestellt wurde die Maschine von der Firma Terratec aus Österreich. «Von dieser Maschine gibt es nur zwei Stück, eine ist unsere primär für den Kanton Uri und eine hat die Firma Terratec für sich selbst gebaut», sagt Zgraggen.

Unterstützung mit Spenden und Kantonsgeldern

Die Einzelanfertigung hat ihren Preis. Den Zeitaufwand für die Entwicklung und einen Teil der Anschaffung trägt der Lohnunternehmer selbst. Die komplette Anschaffung wäre für einen einzelnen Lohnunternehmer wirtschaftlich zu riskant. Die Ausbringkosten pro Hektare müssten so hoch angeschlagen werden, dass sich kein Landwirt dieses Ausbringungsverfahren leisten könnte. Somit wurde der Motormäher zu einem grossen Teil durch Hilfsgelder Dritter und über einen Kantonsbeitrag mitfinanziert. Dadurch besteht die Gewähr, dass die Ausbringungskosten in etwa ähnlich sind wie bisher mit dem Traktor. Die Geräte und Maschinen neben dem Motormäher trägt der Lohnunternehmer selbst. Hinter der Ausbringung steckt ein grosses Engagement der ganzen Familie Zgraggen. Dies umfasst die Wartung, Einstellung und Unterhalt der Maschine ebenso wie die Feldbesichtigung vor der Ausbringung.

Wissenschaftliche Begleitung

Die Bekämpfungskampagne wird wissenschaftlich durch Christian Schweizer von der Forschungsanstalt Agroscope begleitet. Christian Schweizer testet das Pilzmaterial auf seine Wirkung gegen die Engerlinge und unterstützt Wisi Zgraggen bei der Dosierung des Flüssigpilzes. Nach der Behandlung wird an verschiedenen Standorten im Kanton Uri die Wirkung und Verbreitung des Pilzes im Boden nachkontrolliert. Bereits im vergangenen Jahr wurden an mehreren Standorten Probegrabungen gemacht und nach Engerlingen gesucht. Christian Schweizer ergänzt: «Damit es gesicherte Resultate gibt, wird an einzelnen Standorten bei einer behandelten und einer nicht behandelten Fläche nach Engerlingen gegraben. So können wir vergleichen. Das beste Resultat im letzten Jahr zeigt fünf Monate nach dem Einbringen eine Verpilzung von 90 Prozent der Engerlinge im Boden.» In diesem Jahr sind im Kanton Uri 40 Hektaren zur Behandlung vorgesehen. «Wir waren eher zurückhaltend» so Christian Arnold vom Landwirtschaftlichen Beratungsdienst. «Wir wussten nicht, wie sich die neue Maschine bewährt und wie die Pilzsporen ihre Wirkung zeigen. Die Bestellung der Flüssigkeit mit den Pilzsporen musste schon im letzten Dezember erfolgen. Weil das gelieferte Pilzsporenmittel nur begrenzt haltbar ist, ist die Bestellung stets ein Risiko. Die Zusammenarbeit unter allen Beteiligten läuft sehr gut und die Resultate stimmen zuversichtlich. Ich denke, wir werden die nächsten Jahre noch viele weitere Flächen in Steillagen behandeln. Für die Landwirte und für den Kanton Uri ist es eine langfristige Investition, die sehr nachhaltig ist.»

Amt für Landwirtschaft

Rückfragen von Medienschaffenden: Christian Arnold, Landwirtschaftlicher Beratungsdienst, Telefon +41 41 875 2481; E-Mail arnold.christian@ur.ch

Videomaterial zum demonstrierten Prototypen

https://youtube.com/shorts/ZogdyCt8xOo

https://youtu.be/7wVg2vykPcY 

 

Videoausschnitt Test des Prototypen
Videoausschnitt Test des Prototypen

Zugehörige Objekte

Name
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Foto: Maikäferengerlinge (JPG, 466.84 kB) Download 1 Foto: Maikäferengerlinge
Foto: Schadenfläche in Seelisberg (JPG, 345.14 kB) Download 2 Foto: Schadenfläche in Seelisberg
Foto: Verpilzter Engerling (JPG, 133.75 kB) Download 3 Foto: Verpilzter Engerling
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