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Eidgenössische Tage des Denkmals 2019 im Kanton Uri
«Farben» im Zentrum der Aufmerksamkeit
Ob an Fassaden oder in Innenräumen, Farben erzeugen Emotionen und prägen unsere Umwelt mannigfach. Sie erfreuen und können aber auch irritieren, sie haben eine eminente gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung. Die diesjährigen Europäischen Tage des Denkmals nehmen das Thema «Farben» zum Anlass, über die Materialien und Techniken aber auch über die Anwendung und Wirkung der Farben zu diskutieren und nachzudenken.
Die komplexe Thematik von Farbe, Farbigkeit und Materialität in der Architektur und im Ortsbild und Siedlungsbau wird seit längerer Zeit konstant und kontrovers diskutiert und gewinnt an Bedeutung. Farben unterstützen die Identität und Wirkung eines Ortsbildes, eines Ortes oder von Objekten- Sie können prägend sein in der visuellen Wahrnehmung eines Ortes und in der Erinnerung an einen Ort.
Farben spielen in allen Lebensbereichen eine Rolle. Sie beeinflussen im Aussenbereich – beispielsweise in städtischen Plätzen - wie auch in Innenräumen das menschliche Wohlbefinden oder können Unbehagen verursachen. Farben stehen immer in Verbindung mit dem Trägermaterial, wie Verputz, Metall oder Glas und wirken demnach unterschiedlich. Ein Ortsbild kann sich auszeichnen durch eine einheitliche Materialisierung und darauf abgestimmte Farbgebung und damit eine grossartige und geschlossene Wirkung erzeugen. Die Wirkung kann anregend, wohnlich oder langweilig sein. Öffentliche oder private Bauten können sich durch Farbgebung wie ihre architektonische Gestaltung in positiver – oder ggf. auch negativer Weise – aus der Gruppe herausheben, Macht und „Sichtbarkeit“ symbolisieren, der Prachtentfaltung dienen oder sich völlig unscheinbar im Hintergrund halten.
Bis weit ins 19. Jahrhundert war das Farbspektrum einer Ortschaft oder eines Objektes durch die Verfügbarkeit von Materialien definiert, wie Holz, Naturstein, Ziegel, Bruchsteinmauerwerk oder aus Naturstoffen produzierte Verputze und Farbpigmente. Dazu kamen Umweltbedingungen und Traditionen in Produktion und Verwendung eine Rolle, welche sich über Zeit und Stilepochen hinweg durch materialtechnische Innovationen, aber auch durch wechselnde ästhetische Vorstellungen und gesellschaftliche Einflüsse änderten und weiterentwickelten.
Heute bestehen durch die beinahe unbeschränkten technischen Möglichkeiten ungezählte Möglichkeiten in der Farbentwicklung und -anwendung. Daraus ergibt sich im Umgang mit Architektur und Farbe die Anforderung an eine hohe gestalterische Sorgfalt und Sensibilität. Dies nicht nur im historischen Kontext, sondern generell im Orts- und Landschaftsbild, um diesen lebenswert zu gestalten.
Farbe und Architektur sind dort am wirksamsten, wo sie bewusst in einen stimmigen Zusammenhang gesetzt sind und im besten Fall eine Komposition bilden. Zwischen dem ausgewogenen Kolorit eines Ortsbildes und der Buntheit besteht durchaus ein Unterschied. Zu viele verschiedene Farben ergeben ein buntes Bild, welches dominant, störend und unwohnlich wirken kann. Wer kennt nicht die anziehende wie beeindruckende Kraft der einheitlich weiss gestrichenen Dörfer auf den griechischen Inseln oder Baugruppen und Plätze mit roten Ziegelsteinfassaden in Italien? Oder die zurückhaltende und harmonische Stimmung dunkler Holzbauten in der Landschaft der Innerschweiz? Oder das Gegensätzliche zwischen der oft strengen Architektur einer barocken Kirche und der farbigen Prachtentfaltung im Innern? Farbliche Spannung kann auch die Architektur einer herrschaftlichen Villa oder eines Bürgerhauses inmitten eines Gartens entwickeln, welcher während den Jahreszeiten seine Farben wechselt.
Farben werden aber auch gezielt eingesetzt, um Emotionen oder eine bestimmte Wirkung zu generieren. Sei es, um in Werbung oder verkehrstechnischer Wegleitung oder als Warnung vor Gefahren auf etwas aufmerksam zu machen. Hier gibt es durchaus Parallelen zur Tier- und Pflanzenwelt. Die Überlegungen können bis in die Welt der Bekleidung ausgedehnt werden.
Seit der Antike gab es Gelehrte, welche sich mit Farbenlehre und Farbtheorien auseinandersetzten. Sie setzten sich jeweils aus ihrer Zeit heraus mit den künstlerischen, physikalischen und psychologischen Aspekten der Farben und deren Zusammenhang auseinander. Bedeutende Persönlichkeiten – aus einer langen Reihe – sind Leonardo da Vinci (1452-1519), Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) oder aus neuerer Zeit Max Lüscher (*1932), welcher den in der Psychologie bekannten «Lüscher Farbtest» entwickelte.
Organisatorisches
Seit 1991 gibt es die Europäischen Tage des Denkmals (ETD); sie wurden auf Initiative des Europarates ins Leben gerufen. Seit 1994 finden die ETD auch in der Schweiz statt. Das schweizweite Programm - nach einem jährlich wechselnden Motto - wird von der Nationalen Informationsstelle zum Kulturerbe NIKE in Bern koordiniert, wozu alle Kantone – vertreten durch die jeweiligen Fachstellen für Denkmalpflege – einen Beitrag leisten.
Die diesjährigen Europäischen Tage des Denkmals befassen sich mit dem Thema der Farben.
Bereits zum neunten Mal geben die fünf Zentralschweizer Kantone LU, OW, NW, SZ und Uri einen gemeinsamen Prospekt heraus, der in diesem Jahr den Weg zu einem reichhaltigen Programm an 27 Standorten weist.
Kulturgüter und kultureller Austausch entwickeln ihre Ausstrahlung oft weit über die Kantonsgrenzen hinweg und so ist der – ergänzend zum schweizweiten Prospekt der Nationalen Informationsstelle für das Kulturerbe NIKE erstellte – Innerschweizer Prospekt erneut Zeugnis einer funktionierenden interkantonalen Zusammenarbeit. Organisiert und umgesetzt wird das Programm durch die Fachstellen für Denkmalpflege und Archäologie der genannten fünf Kantone.
Im Kanton Uri sind 5 Veranstaltungen geplant. Sie konzentrieren sich dieses Jahr auf Altdorf. Eröffnet werden die ETD am Donnerstag, 12. September 2019, um 18 Uhr im Zeughaus in Altdorf mit einem öffentlichen Apéro.
Der erwähnte Prospekt mit den Detailangaben zum Programm sowie den organisatorischen Einzelheiten kann auf der Website des Kantons sowie auf dem Veranstaltungsportal der Gemeinde Altdorf eingesehen bzw. heruntergeladen werden. Er kann in gedruckter Form bei der Kantonalen Denkmalpflege bezogen werden.
Fotos in höherer Auflösung können bei Bedarf bezogen werden bei toni.haefliger@bluewin.ch
Hintergrundinformationen: https://www.nike-kulturerbe.ch/de/hereinspaziertch-denkmaltage/thema-2019/
Administrative Auskünfte unter 079 600 38 53 (Toni Häfliger, Koordination i.A. der Denkmalpflege Uri) oder Dr. Thomas Brunner, kantonaler Denkmalpfleger (041 875 28 82)
Die Veranstaltungen
Altdorf Farben als Thema für Ortsbild und Architektur
Farbe ist Wesensbestandteil unserer Lebensumwelt. Deren Verwendung in der Architektur und im Städtebau ist Stil- und Zeitströmungen unterworfen. Welche Bedeutsamkeiten ergeben sich dadurch? Die Veranstaltung beschäftigt sich kontrovers mit der Verwendung von Farbe im historischen Kontext und einer sich laufend verändernden Umgebung.
Die «Farbigkeit der Stadt» ist ein (vor einiger Zeit wiederentdecktes) Thema in Architektur und Denkmalpflege. Die von Menschen gebaute Umwelt unterliegt einer laufenden Veränderung und mir ihr auch die Verwendung der Farben. Während sich die gebaute Umwelt relativ langsam fortentwickelt, variieren Farben oft nach kurzlebigen Moden und Wechseln des Geschmacks.
Donnerstag, 12. September:
«Farben als Thema für Ortsbild und Architektur»
18.00 Uhr, Zeughaus am Lehnplatz, Parterre, Offener Stammtisch - Eintritt frei
Organisiert in Zusammenarbeit mit dem Architekturforum Uri
Eröffnung der ETD und Begrüssung durch Frau Regierungsrätin Dr. Heidi Zgraggen
Input zum Thema von Andreas Bründler, Architekt BSA SIA, Basel
Diskussion:
- Margrit Baumann, Architektin ETH/ SIA, Altdorf
- Dr. Thomas Brunner, Kantonaler Denkmalpfleger, Altdorf
- Wendel Odermatt, Restaurator, Engelberg
- Lina Müller, Künstlerin, Altdorf
- Luca Schenardi, Künstler, Altdorf
Moderation: Pius Knüsel, Publizist und Kulturvermittler
Öffentlicher Apero, offeriert durch den Kanton Uri
Altdorf Farbentdeckungen im Dorf
Die Farbstimmung und die Verwendung von Farben im Orts- und Siedlungsbild oder der Architektur gründet sich auf örtliche Traditionen, architektonische Besonderheiten oder stilistische Einflüsse. Ein Rundgang im Dorfkern von Altdorf zeigt überraschende, wenig bekannte oder verborgene Aspekte.
Wir begeben uns auf Spurensuche zu Farben im Ortsbild. Was ist das Typische der Farbigkeit in Altdorf? Farben sind in Ortsbildern und Gebäuden allgegenwärtig. Farben im privaten und öffentlichen Raum gefallen oder können missfallen. Sie beruhigen, stimulieren, können auch irritieren.
Samstag, den 14. September
14.15 Uhr, Treffpunkt Telldenkmal, Altdorf
Führung durch Dr. Thomas Brunner, Kantonaler Denkmalpfleger
Altdorf - Farbe: Teil der Menschheitsgeschichte – Anmerkungen zum Thema
Ein buntes Bildreferat zeigt ausgewählte, vielfältige Aspekte rund um Farbe.
Farben faszinieren vielfältig, umgeben wie berühren uns und wecken Emotionen. Jede(r) hat seine Lieblingsfarbe. Jedoch sehen und empfinden nicht alle gleich. Wir kommunizieren mit Farbe, bewusst oder unbewusst. Farbe gehört zu den ältesten erhaltenen Zeugnissen der Menschheit. Über lange Zeit war die anwendbare Farbigkeit eingeschränkt. Es war ein rares, teures und wertvolles Gut, deshalb sparsam und gezielt eingesetzt. Mit der Industrialisierung wurde die Farbe bunt und die Welt farbig. Heute ist Farbe omnipräsent.
Heute bestehen In Anwendung und Farbigkeit praktisch keine technischen Einschränkungen mehr. Farbe ist stark präsent und etwas Selbstverständliches, wird aber oft nicht mehr bewusst wahrgenommen.
Samstag, 14. September
10.00 Uhr, Tellspielhaus, Altdorfer Saal, Schützengasse 11, Altdorf
Vortrag von Claudio Fontana, Restaurator, Rapperswil-Jona
Eintritt frei. Hinweise am Eingang beachten.
Tellspielhaus Altdorf – Restaurierung der Fassade
Das 1865 als Gemeindehaus errichtete und 1924-25 durch einen grossen Theatersaal und ein Bühnenhaus erweiterte Gebäude präsentiert sich mit einer markanten, repräsentativen Schaufassade. Es handelt sich um das wichtigste, neobarocke Gebäude im Kanton Uri.
Die Architekten des Ergänzungsbaus - Kaiser und Bracher aus Zug - verstanden es, die beiden Bauten formal abzugrenzen, gleichzeitig aber mit kräftiger Fassadenfarbigkeit optisch wieder zusammenzubinden. Die roten Fassadenflächen des Kopfbaues wurden mit einer reichen, dekorativen, scheinarchitektonischen Gestaltung in ockergelber und schwarzer Sgraffito-Technik zusätzlich ausgezeichnet.
Rund 43 Jahre nach der letzten umfassenden Renovation erfolgte im Frühjahr-Sommer 2019 die vollständige Restaurierung namentlich der bemalten Fassaden.
Eine Führung erläutert den Befund, das Vorgehen und die Methoden für die Restaurierung
Samstag, 14. September
11.00 Uhr, Tellspielhaus Altdorf; Treffpunkt Vorplatz.
Führung von Claudio Fontana, Restaurator, Rapperswil-Jona
Altdorf - Alte Farben in neuem Licht
Das Färben von Textilien mit Naturfarbstoffen reicht bis weit in die Vergangenheit zurück. Es waren kostbare Handelsgüter. Synthetische Farbstoffe verdrängten ab dem 19. Jh. die natürlichen Farbstoffe zunehmend. Im Garten des ehemaligen Kapuzinerklosters in Altdorf hat eine kleine Gruppe um Eduard Indermaur einen Garten mit mehr als 200 Färberpflanzen aufgebaut.
Der Klostergarten liegt in südlicher Hanglage über dem Urner Kantonshauptort Altdorf. Sein Charakter wird vor allem durch die vielen Natursteinmauern und Terrassen geprägt. Das Herzstück der Anlage ist der sich über mehrere Etagen erstreckende Färberpflanzengarten. Es handelt sich um den grössten derartigen Garten in der Schweiz, welcher in seiner Ausstrahlung und der südländischen Anmutung fasziniert.
Sonntag, 15. September
10.30 Uhr, Ehemaliges Kapuzinerkloster, Altdorf. Treffpunkt auf dem Vorplatz.
Vortrag und Führung durch Eduard Indermaur, Kulturkloster Altdorf.
Kurze Einführung durch Dr. Thomas Brunner, kantonaler Denkmalpfleger.
- Website
- www.ur.ch/denkmal
Zugehörige Objekte
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