Haupinhalt
Schutzwald und Schutzwaldpflege in Uri
Ein Grossteil des Urner Waldes befindet sich an den steilen Flanken der Täler. Gegen die Naturgefahren bietet der Wald effizienten Schutz. Er verhindert das Anreissen von Lawinen und Hangmuren und wirkt bremsend bei Steinschlag und Felssturzereignissen. Um diesen Schutz aufrecht zu erhalten, muss auch der Schutzwald fachgerecht unterhalten bzw. gepflegt werden.
Geschichte der Schutzwaldpflege in Uri
Die Schutzwirkung des Waldes ist den Urnern schon lange bekannt, so stammen erste Bannbriefe aus den Gemeinden Flüelen (1382), Altdorf (1387) und Andermatt (1397) schon aus dem Mittelalter. Dabei soll der Bannwald nicht nur vor Steinschlag oder Lawinen bannen. Der Wald soll selber vor Übernutzung gebannt werden um seine Schutzfunktion erhalten zu können. Die starke Nutzung der Wälder durch Holzschlag und Weidegang sowie eine Häufung von Unwetterschäden, sorgten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zu weiteren Regulierungen des Waldes. So hat das erste Schweizer Forstpolizeigesetz, welches 1876 in Kraft trat, den Erhalt des Waldes als erste Priorität. Zu Zeiten grosser Bautätigkeiten (Axenstrasse, Gotthardbahntunnel, Schächenverbauungen) wurde auch zum Schutz der Verkehrsachsen Wald gepflanzt und über Wirtschaftspläne deren Nutzung gelenkt.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts wandelte sich der Waldbegriff und die Stellung des Waldes weiter. In einer Zeit von weiteren Unwetter wie etwa die Ereignisse von 1977 und 1987, dem Ausbau des Strassennetzes sowie einem grundsätzlichen Verständniswandel im Umgang mit Naturgefahren und der Umwelt wurden erstmals Schutzwaldpflegeeingriffe mit öffentlichen Geldern unterstützt.
Um die Qualitätsansprüche an die Schutzwirkung des Waldes zu sichern, wurden mit Wegleitungen wie die heutige «Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald» (NaiS, BUWAL 2005) die minimalen bis optimalen Anforderungen definiert. Dabei werden die natürlichen Bedingungen des Standorts und die vorherrschenden Naturgefahren berücksichtigt. Aus den daraus resultierenden Anforderungsprofilen kann im Vergleich mit dem Ist-Zustand die zukünftige Entwicklung mit und ohne Eingriff abgeschätzt, der Handlungsbedarf abgeleitet und entsprechende Ziele gesetzt werden. Entspricht der zukünftige Zustand ohne Eingriff nicht dem minimalen Anforderungsprofil bezüglich Baumartenzusammensetzung, Stammzahl, Altersverteilung, Verjüngung oder maximale Lückengrösse besteht Handlungsbedarf. Dieser wird dabei über grössere Waldstücke mit Hilfe von repräsentativen Weiserflächen bestimmt. Die Weiserflächen dienen zudem der Auseinandersetzung mit waldbaulichen Fragen sowie der Erfolgskontrolle. Über den gesamten Kanton Uri sind momentan um die dreissig Weiserflächen verteilt.
Massgebliche Ursache für die Notwendigkeit von öffentlichen Geldern bei der Schutzwaldpflege stellte auch der Zerfall des Holzpreises dar. Da das Holz an Wert verlor, konnte die Waldbewirtschaftung in schwierigem Gelände nicht mehr nur über den Holzerlös finanziert werden. Diese Entwicklung wurde durch die Stürme in den 90er-Jahren (Vivian 1990 und Lothar 1999) verstärkt und konnte sich seit da nie mehr erholen. In Gebieten mit geländebedingt hohen Holzerntekosten wie dem Kanton Uri, würde ohne die Entgeltung der Schutzleistung des Waldes nicht eine solch umfassende und ausgeglichene Schutzwaldpflege durchgeführt.
Seit 2008 wird die leistungsbasierte Finanzierung der Schutzwaldpflege über Programmvereinbarungen im Rahmen der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung (NFA) zwischen Bund und Kantone geregelt.
Kantonale Planungsinstrumente der Schutzwaldpflege
Einen massgeblichen Einfluss auf die Planung der Schutzwaldpflege hat die Waldeigentümer-Situation. Im Kanton Uri befindet sich der grösste Teil der Waldflächen in Besitz der Korporationen Uri und Ursern. Erstere hat ihre Nutzungsrechte weiter an ihre Bürgergemeinden übertragen. Damit werden analog der Programmvereinbarungen im Rahmen der NFA zwischen Bund und Kanton, Programmvereinbarungen mit den Leistungserbringern im Kanton abgeschlossen. Diese Leistungserbringer sind die Forstbetriebe der Korporationsbürgergemeinden (KBG).
Das vereinbarte Programm Schutzwald hat seinen Ursprung im partizipativ entstandenen Waldentwicklungsplan (WEP; Stand 2006). Darin wird die Vorrangfunktion «Schutz vor Naturgefahren» definiert. Ausgehend von der Fläche Schutzwald werden langfristige, mehrjährige Waldpflegepläne (10-12 Jahre) erstellt, woraus sich die Programme für die jeweiligen NFA-Perioden (4 bzw. 5 Jahre) pro Gemeinde ergeben. Je NFA-Periode stehen Kreditkontingente zur Verfügung, diese werden jährlich und gemäss dem Jahresprogramm ausgezahlt.
Die Abrechnung der Schutzwaldbeiträge erfolgt aufgrund der gepflegten Schutzwaldfläche. Die Beiträge werden zwischen Bund und Kanton aufgeteilt, wobei sich am Kantonsanteil zusätzlich die Korporation Uri beteiligt. Weitere Programmvereinbarungen und Kostenbeteiligungen bestehen mit dem Bundesamt für Strassen (ASTRA), den Bundesbahnen (SBB) sowie der Matterhorn-Gotthard-Bahn (MGB), da sie als direkte Nutzniesser von den Pflegeeingriffen profitieren. Die gesamten Beitragsleistungen für den Urner Schutzwald belaufen sich jährlich auf rund vier Millionen Schweizer Franken.
Schutzwald und Schutzbauten
Auch wenn der Schutzwald die Entstehung von Naturgefahrenprozessen verhindert oder zumindest deren Wirkung stark vermindert, kann die Sicherheit nicht überall nur mit Wald gewährleistet werden. Andererseits wäre der Schutz nur mit Schutzbauwerken technisch kaum realisierbar und finanziell nicht tragbar. Es braucht daher immer das Zusammenspiel von Schutzwald und technischen Schutzbauten um eine optimale Schutzwirkung zu erreichen. Im Rahmen des Integralen Risikomanagements kommen zu den technischen und biologischen Massnahmen zudem Möglichkeiten der Planung und Organisation. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass auf einen Zeitraum von 100 Jahren betrachtet, der Schutzwald seine Schutzwirkung 10- bis 25-mal kostengünstiger erbringt im Vergleich mit dem Aufwand für Bau und Unterhalt von entsprechenden technischen Bauwerken. Dies setzt allerdings voraus, dass der Schutzwald regelmässig und fachgerecht gepflegt wird.
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